INKONTINENZ NACH PROSTATA-OPERATION

Die Männer sind gegenüber Frauen an dieser Stelle im Vorteil: Ihr Beckenboden ist anders gestaltet und wird nicht durch Schwangerschaft und Geburt beansprucht. Verbreitet dagegen sind eine schlechte Haltung, Übergewicht und übermäßiges Sitzen und dadurch schaden sich die Männer und ihren Beckenboden mit der Zeit selbst.

Die meisten Männer erfahren erst nach der Prostata-Operation, dass sie einen Beckenboden haben. Zumeist vom Arzt, wenn sie dann einnässen. Die Belastungsinkontinenz beim Lachen, oder Husten oder Tragen der üblich schweren Lasten ist eine fast normale Folge oder Nebenwirkung. Der Grund: Während der OP wird zumeist ein Teil des inneren Blasenschließmuskels durchtrennt. Dieser ist damit geschwächt.

Die „Gute Nachricht“: Der unfreiwillige Urinabgang kann verhindert werden. Der äußere Blasenschließmuskel kann nämlich die Funktion des inneren Schließmuskels ggf. ersetzen. Dazu muss die Beckenbodenmuskulatur therapiert und trainiert werden. Und genau damit sollten Männer am besten schon vor der OP beginnen, so raten uns Experten.

Potenzförderung
Es gibt auch weitere gute Beweggründe für die Männer, ihren Beckenboden kennen zu lernen und mehr Beachtung zu schenken. Ein regelmäßiges Aktivieren wirkt gegen eine Vergrößerung der Prostata und auch Erektionsstörungen. Studien von Professor Frank Sommer (Urologe und Arzt für Männergesundheit) untersuchte die Wirkung von solchen Aktivierungstrainings auf die männliche Potenz. Ihr angeleitetes Beckenbodentraining fördert Ihre Durchblutung auch im Penis. Solche Übungen können Ihren Potenzproblemen vorbeugen oder sie langfristig sogar beheben, so die Ergebnisse seiner Studie. Außerdem ist ein gutes Beckenbodentraining eine Art Jungbrunnen für Ihr Aussehen: Es hält zum Beispiel den Po knackig, und das ist immer noch einer der attraktivsten Stimulatoren in den Augen auch der Damenwelt.

Den Beckenboden erkunden
Am Anfang steht für Sie vor allem die Frage: Wo befindet sich mein Beckenboden überhaupt? Um ein Gefühl für Ihre Beckenbodenmuskulatur zu bekommen und sie mit der Zeit zu stärken, helfen Ihnen zwei Übungen:

  1. Um Ihre Muskulatur zu lokalisieren, legen Sie sich entspannt und bequem auf den Rücken. Die Anspannung der Beckenbodenmuskulatur lässt sich am besten am Damm, zwischen Hodensack und After, ertasten. Versuchen Sie nun, Hoden und After anzunähern. Sie werden bemerken, dass sie dabei den Penis hochheben. Das sollten sie dann auch sitzend oder auch im Stehen einmal probieren.
  2. Richten Sie doch unter der Dusche den warmen, mittelkräftigen Wasserstrahl auf Ihren Damm. Massieren Sie die kleine Stelle mit kleinen Kreisbewegungen. Versuchen Sie, Ihren Damm, der eine Kreuz- und Querverstrebung aller Beckenbodenmuskeln ist, in Ihren Körper zu ziehen. Machen Sie dies in rhythmischen kleinen Impulsen. So beschreibt es auch Benita Cantieni. Sie ist die Autorin von „Tiger Feeling – Das sinnliche Beckenboden-Training für sie und ihn“. Es kommt dabei darauf an, den Anus entspannt zu halten. Diese effektive Übung lässt sich problemlos bei Ihrer Morgentoilette einbauen.

Ihr Alltagstraining für den Beckenboden.
Ein Kollege von uns, Herr Markus Martin setzt auf ein indirektes Training des Beckenbodens. Denn Ihre Inkontinenz nach einer Prostataentfernung oder Erektionsstörungen lassen sich auch durch eine Haltungskorrektur ggf. in den Griff bekommen. Ein höherer Druck auf Ihren Bauch trainiert Ihren Beckenboden. Also richten wir uns auf und Kopf hoch.

Achten Sie beim Sitzen auf eine aufrechte Haltung des Oberkörpers. „Die Belastung sollte dabei vorne liegen“ Patienten mit Dranginkontinenz können starken Harndrang zeitweilig unterdrücken, indem sie den Oberkörper aus der Hüfte heraus nach vorn beugen. Die Harnröhre kippt dadurch ab, der Blasenimpuls wird gebremst.

In der Regel lässt sich der Urinabgang nach einer Prostata-OP durch konsequentes Beckenbodentraining sogar vollständig beheben. Eine belgische Studie an der Universitätsklinik in Leuven zeigte uns auf, das Probanden die ein echtes Training mit echter therapeutischer Begleitung gegenüber einer Kontrollgruppe mit Plazebo-Behandlung die Dauer und das Ausmaß der Inkontinenz deutlich verringert hatte. Nach drei Monaten waren 88 Prozent der Patienten wieder kontinent, in der Kontrollgruppe waren es lediglich 56 Prozent. Und noch erfolgsversprechender: Nach einem Jahr verloren 95 Prozent der Patienten keinen Harn mehr, in der Kontrollgruppe waren es 81 Prozent. Sie sehen daran, das Sie zwar gute Aussichten haben, das auch von selbst alles wieder in Ordnung kommt. Aber sie möchten vielleicht selber alles dazu beitragen was möglich ist.

Biofeedback und Elektrostimulation zur Beckenbodentherapie
Ihr Beckenboden kann durch ein Biofeedback unterstützend untersucht werden und es wird auch für Ihr persönliches Training eingesetzt.  Dabei nimmt ein Gerät Ihre Muskelanspannung auf und informiert Sie über entsprechende Signale, um Ihnen die Effektivität der Muskelansteuerung nachvollziehbar zu machen. Das ermöglicht Ihnen ein feinfühliges Ansteuern Ihrer Muskulatur, um diese weder über- noch zu unterfordern.

Ihr Schließmuskel lässt sich auch durch Elektrostimulation trainieren. Hierbei bringen schwache Stromimpulse den Muskel zum Anspannen.
Jedenfalls kann dieses automatische beckenbodentherapeutische Gerät Ihre Wahrnehmung verbessern, die Muskelspannung steigern und die Kontraktionsfähigkeit Ihres Beckenbodens vernbessern. Eine Therapieeinheit dauert 10 bis 15 Minuten. Bei regelmäßiger Anwendung sind nach rund sechs Monaten häufig Erfolgsraten von fast 90 Prozent erreichbar. Das berichtet die Deutsche-Kontinenz-Gesellschaft.

Ich weiß, es ist anfangs alles schwer zu akzeptieren. Auch ist nicht jedem Herrn gegeben, die richtigen Stellen gleich auch zu erspüren. Aber genau deshalb gibt es ja Ihren Arzt und uns Physiotherapeuten die mit der Beckenbodentherapie Ihren Genesungsprozess unterstützen wollen und können.

Ihre Michaela Hähnichen.