Ist die Operation bei Inkontinenz die „Ultima Ratio“?
Kann Physio- oder Beckenbodentherapie helfen?
Gibt es in Bautzen jemanden?
Diese Fragen trieben mich um, als ich vor ca. 2 Jahren selbst betroffen war. Hier meine Erfahrungen:
Eine Windel mit 41 | Das geht gar nicht.
9 Millionen Betroffene, praktisch jeder 10. Deutsche ist berührt. Durch die Demografie werden diese Betroffenenteile immer mehr. Und die meisten sprechen nicht offen über ihre Probleme. Bei Doreen Büttner* wurde eine Belastungsinkontinenz festgestellt. Dabei handelt es sich um eine der häufigsten Inkontinenzformen. Erkrankte verlieren, je nach körperlicher Anstrengung wie Niesen, Lachen, Treppensteigen oder Heben unfreiwillig Harn. Die übliche Maßnahme nach der üblichen Krankengymnastik, die leider oft nicht anschlägt – Operation oder die Windel. Nur, Doreen ist 41 Jahre alt! Und, jetzt kommt es: Für Altenpfleger gehört Harninkontinenz zum Berufsalltag. „Das ist nun mal so“. Bis Doreen selbst betroffen ist. „Ich gehe wirklich selbstverständlich damit um, wenn es um meine Patienten geht, nur selber und in meinem Alter und dann mit so wenig wirklicher Unterstützung, das war neu für mich.“
Ultrapeinliche Situationen
Wann die Krankheit genau beginnt, können die wenigsten Patienten wirklich sagen. Zumeist kommt es irgendwann zu einer peinlichen Situation. Da reicht ein kleiner Hustenanfall, weil man sich verschluckt hat. Aus ein paar Tropfen wird in solchen Fällen schnell mal eine echte Pfütze. Wenn das in Situationen passiert, die außerhalb des persönlichen Umfeldes liegen, wird das unglaublich peinlich.
Erst der Zufall half
Es hat lange gedauert bis Doreen etwas unternommen hat. Der Zufall wurde zum konkreten Planentwickler, der mit dem Arzt und der Beckenbodentherapeutin geschmiedet und umgesetzt wurde. Denn erst bei einer Wirbelsäulenuntersuchung fasste sie sich ein Herz um das Thema anzuschneiden – wie so oft erst einmal, als ob „Die beste Freundin“ betroffen ist. Doch der Orthopäde deutete ihre Fragen richtig und fragte genauer nach. Dann die Überweisung zur Urologin. Folgend die Therapie in der speziell dafür ausgebildeten Beckenbodenpraxis. Interessant war für Doreen, als sie im Freundeskreis über ihre Erfahrungen und den schrittweisen Erfolg zu sprechen begann. Denn, die „wirklich beste Freundin“ gestand, dass sie ein ähnliches Problem hätte.
Ich fühle mich so unsauber, wenn mir das passiert.
Die Assistentin der Geschäftsleitung, Heidemarie Siering* berichtet uns: Eine Gebärmuttersenkung erforderte eine Operation. Die ausführliche Beratung des Gynäkologen ergab, dass in einer weiteren Operation ein TVT-Band zur Stützung der Harnröhre einsetzt werden sollte. Und hier kommt es leider nicht selten zu Komplikationen. Der „Routineeingriff“ endete in einer Notoperation. Von da an hat die „Blase nicht mehr richtig funktioniert“ und ist nur noch gelaufen.
Es braucht wirkliche Experten, die diesen Eingriff gut kennen und möglichst oft durchführen. Dieser Hinweis, stammt von Herrn Dr. med. Thorsten Nadler, der im Rahmen des Bürgersprechabends zum Thema Kontinenz/Inkontinenz im Klinikum Görlitz offen die Sinnhaftigkeit von Operationen ansprach. Übrigens ist hier sicher eines der Kompetenz-Zentren in der Region Sachsen zu finden. Heidemarie rät: „Die Operation muss einfach das Mittel der letzten Wahl bleiben.“
Es kommt zu Pferd und geht zu Fuß
Das alles ist erst ein halbes Jahr her. Die Hoyerswerdeaerin verlor anfänglich vor allem Urin, wenn sie aus dem Liegen oder Sitzen aufstand. Die Therapie in Bautzen hat die Situation inzwischen deutlich verbessert. Heidemarie erklärt uns, das was man auch ihr gleich zu Anfang mitgab: „Sie brauchen viel Geduld. Der Arzt meinte: Es kommt zu Pferd und geht zu Fuß.“ Ihre Blasenschwäche macht sich quer über den Tag bemerkbar. „Die Unsicherheit, ob die Blase dicht hält oder nicht, ist für mich sehr schlimm“, berichtet die gefühlt noch mitten im Berufsleben stehende Frau. Mit ihrem Mann mag sie überhaupt nicht gerne über das Problem sprechen. Er weiß zwar um die Problematik, die Details offenbart sie ihm jedoch nicht. Sie benutzt spezielle Binden (Inkontinenzeinlagen), um den abgehenden Harn zu fangen. Sie lebt trotzdem in der permanenten Befürchtung, dass jemand etwas bemerken (riechen) könnte. Sie fühlt sich in ihrer Bewegungsfreiheit sehr eingeschränkt und hat kaum noch Lust etwas zu unternehmen. Alles andere als Lebensqualität, wie wir finden.
Auch Männer sind Betroffene und tabuisieren
Christian Voigt* hat eine sehr lange Erfahrung mit seiner Blasenschwäche. Der 35-Jährige lebt seit über 12 Jahren mit seiner Dranginkontinenz als Folge von einer Harnwegsinfektion. „Mein Selbstbewusstsein war am Boden.“ berichtet er uns. „Ich traute mich nicht mehr aus dem Haus. Meine Eltern hatte ich zwar eingeweiht, aber geredet haben wir nicht darüber. Das Thema wurde zum üblichen TABU.“ sagt Christian. Das ganze ging so weit, dass er seine Probleme im Alkohol ertränkte. Erst eine Entzugstherapie ging seiner Sache auf den Grund. Er ist dem Psychotherapeuten heute noch auf das tiefste dankbar.
Es braucht Mut, Disziplin, auch Optimismus ist erfolgsunterstützend
„Solche Langzeitfälle wieder in den Normalzustand zu führen, ist dann aufwendig und erfordert viel Disziplin und am besten Optimismus. Aber immer den Mut zum ersten Schritt“. beschreibt uns die Physiotherapeutin, Frau Michaela Hähnichen. Die schlanke junge Frau nimmt sich der Problematik als Physiotherapeutin in ihrer Bautzener Praxis nun im Speziellen an. Sie beschreibt uns ganz offen, das auch ihre Selbsterfahrung nach der Geburt des dritten Kindes den Ausschlag gegeben hat, um ein ganz spezielles „Know how“ aufzubauen. Sie sagt: „Ich bin durch ganz Deutschland gereist und habe meine Therapieform zusammen gesucht, weiterentwickelt und kombiniert.“
Aus Not wird Gut
„Als ich selber mit dem Thema konfrontiert wurde und die üblichen 8 Wochen der Beschwichtigung durch meine Hebamme und sogar meine Mutter (Gynäkologin!) vorüber gingen. Als dann alle klassischen Methoden und herkömmlichen physiotherapeutischen Herangehensweisen, auch mit den „Glückskugeln“ aus der Drogerie nicht mehr weiterkam – gefühlt überhaupt nichts anschlug – die ersten Gespräche, auch auf eben vorgenannte Operationen kamen.“ Sie holt tief Luft und sagt weiter: „Ich war so sauer, dass mein Selbsterhaltungsfeuer so richtig entfacht wurde. Deshalb bin ich heute meinem Problem von damals sehr dankbar. Meine Beschwerden habe ich in meiner Ausbildung und selber wieder in den Griff bekommen. Und jetzt weiß ich genau, wie sich meine Patienten fühlen. Ich bin stolz auf jeden, der seinen Mut fast und sich auf seinen Weg macht.“
*Wir bitten um Ihr Verständnis. Die Patientennamen wurden aus Pietätsgründen von uns verfälscht.
Sprechen Sie einfach an. Wir garantieren Ihnen Mitgefühl und Diskretion.
Michaela Hähnichen und Team[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]